Donnerstag, 8. April 2010

Treberhilfe: Was bisher geschah

(erstveröffentlicht in der Berliner Zeitung am 08.04.2010)

Die Treberhilfe entsteht 1988 in Schöneberg. Zwei Vereine, die sich um junge Obdachlose kümmern, schließen sich zusammen. Sie eröffnen einen Treberladen und ein Wohnprojekt in Schöneberg.

Die Senatsverwaltung für Soziales beauftragt die Treberhilfe 1993 auch mit Straßensozialarbeit. Noch im selben Jahr nehmen ein Team City mit dem Schwerpunkt Bahnhof Zoo und ein Team Wagenburgen ihre Arbeit auf.

Als gemeinnützige GmbH arbeitet die Treberhilfe seit dem 1. Januar 2006. In dieser Rechtsform ist sie Mitglied im Landesverband des Diakonischen Werkes. Gesellschafter sind der Verein Treberhilfe e.V. und der Geschäftsführer der Gesellschaft, Harald Ehlert.

Einen Maserati schafft die Gesellschaft bereits 2007 als Dienstwagen an. Weitere Wagen folgen. Eine Villa in Caputh wird als Fortbildungsakademie deklariert. Harald Ehlert wohnt in dem Haus. 2008 schaltet er große Anzeigen in Tageszeitungen, um US-Präsident Barack Obama zum Wahlsieg zu gratulieren.

Im Juni 2009 wird der Maserati in Mecklenburg-Vorpommern mit 96 Stundenkilometern geblitzt. Erlaubt sind 70. Weil sich der Fahrer nicht ermitteln lässt, soll künftig ein Fahrtenbuch geführt werden. Dagegen klagt die Treberhilfe. Der Prozess wurde für Februar 2010 angesetzt. Durch den Blitzer-Vorfall wird die Maserati-Affäre öffentlich.

Der noble Dienstwagen löst öffentliche Empörung aus. Am 19. Februar distanziert sich das Diakonische Werk von der Gesellschaft. Ehlert nennt seinen Wagen Sozial-Maserati und will Rundfahrten zu seinen Projekten organisieren.

Der Senat erhöht daraufhin den Druck. Die Diakonie soll die Treberhilfe ausschließen, wenn nicht alle offenen Fragen zur Unternehmensstruktur geklärt werden. Der Maserati wird verkauft.

Die Finanzierung der Berliner Sozialwirtschaft gerät durch die Affäre in Verruf. Organisationen fürchten Imageverluste und den Rückgang der Spenden. Unter dem Druck von Diakonie und Senat tritt Ehlert seine Geschäftsanteile an die Treberhilfe ab und lässt seine Geschäftsführertätigkeit ruhen. Ein zweiter Geschäftsführer wird eingesetzt.

Ein Aufsichtsrat wird einbestellt. Er prüft die Geschäftsunterlagen. Am 10. März kommt es im Gremium zum Konflikt, weil Diakonie-Chef Thomas Dane und die frühere Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner die Öffentlichkeit über Ergebnisse informieren wollen. Der Treberhilfeverein lehnt dies ab.

Die ungeliebten Mitglieder verschwinden kurz darauf aus dem Aufsichtsrat. Thomas Dane wird von den Gesellschaftern als Vorsitzender abberufen. Daraufhin legt auch Heidi Knake-Werner ihren Posten als Aufsichtsratsmitglied nieder.

Am 12. März stellt Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linkspartei) Strafanzeige wegen Veruntreuung öffentlicher Mittel. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern noch an. Auch die Finanzbehörden nehmen die Treberhilfe ins Visier. Sie prüfen, ob die Gesellschaft weiterhin als gemeinnützig gelten kann.

In einem offenen Brief fordern Treberhilfe-Mitarbeiter Geschäftsführer Ehlert auf, alle Ämter niederzulegen. Sie fürchten, dass sein Verhalten ein falsches Bild auf die Belegschaft wirft. Rund 150 Mitarbeiter unterzeichnen das Schreiben. Am Abend des 12. März gibt Ehlert dem Druck nach und legt mit sofortiger Wirkung sein Amt nieder. Ein zweiter Geschäftsführer soll bestellt werden, zunächst führt Jens Fischer die Firma.

Die Diakonie leitet ebenfalls am 12. März ein Ausschlussverfahren gegen die Treberhilfe ein. Man stelle infrage, ob die Firma überhaupt noch ein gemeinnütziges Unternehmen sei. Damit folgt die Diakonie dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, der den Verein Treberhilfe zuvor ausgeschlossen hatte.

Als Konsequenz aus der Maserati-Affäre kündigt Senatorin Bluhm am 25. März einen "Berliner Kodex für Transparenz und Unternehmensführung in sozialen Organisationen" an. So müsse es künftig externe Wirtschaftsprüfer geben, die regelmäßig Bilanzen untersuchen. Die Gehälter der Geschäftsführer müssten offen gelegt werden, größere Träger sollten ein eigenes Aufsichtsgremium bekommen. Gibt es Verstöße, sollen auch Verträge gekündigt werden können.